Auf der Schwelle zwischen Innen und Aussen

Schwellenbewusstsein

An der Schwelle zu epochalen Veränderungen, die – so mein Gefühl – im 2025 beginnen werden, ist es mir ein Bedürfnis die Relevanz des „Schwellenbewusstseins“ zu erläutern. In den Märchen und Mythen sind Schwellen von Hütern besetzt. Sie stellen sicher, dass nur diejenigen Einlass erhalten, die bestimmte Bedingungen erfüllen, wie z.B. die Fähigkeit Altlasten bereinigt zu haben. Wenn wir das alte Paradigma der Zerstörung, der Konkurrenz und Feindseligkeit auf dem irdischen Schlachtfeldes überwinden wollen, müssen an der Wurzel ansetzen. Das heisst die Beziehung zu uns selbst, zur Natur und Mitmenschen zu transformieren. Dabei spielt der Hüter der Schwelle bzw. das Schwellenbewusstsein eine zentrale Rolle.  

Mit einem Fokus auf die innere Wirklichkeit  wird die Wahrnehmung feiner,  differenzierter, was u.a. dazu führt, dass man sein Innenleben detaillierter beschreiben kann: Empfindungen, Erinnerungen aus der Kindheit, Eindrücke, Bilder, Gefühle, subtile Gedankenformen, Eingebungen, kreative Ideen, Inspirationen, etc. Das Innenleben gewinnt an Intensität und Vielfalt. Negative Emotionen werden mit Offenheit und Neugier wahrgenommen, nicht einfach weggedrückt. Sie werden als Botschaften des Unterbewusstseins erkannt und ins Bewusstsein gehoben, um sie nachhaltig aufzulösen. Man erkennt die Relevanz der inneren und erfährt am eigenen Leibe, dass wenn man diese Spuren der Vergangenheit nicht auflöst, man dazu verdammt ist, sie zu wiederholen. Wer lebt schon gerne in einem Loop negativer Emotionen und destruktiver Gedankenformen? Je systematischer man die Innenwelt erforscht, umso mehr löst man sich von der Identifikation mit diesen automatischen Prozessen. „Gedanken sind kein Problem, solange du sie nicht glaubst.“ (Byron Katie)

Flachländer haben keine entwickelte, innere Dimension

In einer primär auf äussere Prozesse fixierten Gesellschaft wird man immer selektiver in Bezug auf seine Gesprächspartner. Wer kein entwickeltes Innenleben hat, d.h. im psychischen Flachland lebt, redet zwar noch die gleiche Sprache, aber ohne Authentizität findet keine wirkliche Begegnung statt. „Flachländer“ haben keine Sprache um ihre innere Welt mit anderen zu teilen zu können. Was übrig bleibt, sind die Aufzählung von trivialen Ereignissen, banale Episoden oder geschichten von Personen, die man weder kennt, noch kennenlernen will. Kulissen des Flachland-Alltags, um die Stille zu vermeiden und den Luftraum mit Worten zu füllen. 

Esofreaks und Exofanatiker

Die Innenwelt kann jedoch auch zum Gefängnis werden, wenn man auf (s)eine ganze bestimmte Sichtweise/Ideologie/Interpretation abfährt, und sie für sich und alle anderen als „die Wahrheit“ deklariert. Auf Facebook kann man dann alle „Andersgläubigen“ verunglimpfen, bekämpfen oder lächerlich machen. Seit Covid finden Schwurbler und Antischwurbler, Esofreaks und Exofanatiker (Eso=Innen; Exo=Aussen), Wissenschaftsgläubige und Verschwörungstheoretiker in den sozialen Medien ihr Schlachtfeld. Wenn man auf der Schwelle lebt, zwischen innerer und äusserer Wirklichkeit, jenseits aller Beliefs, kann man beide Perspektiven, die Inneren und die Äusseren mit Abstand und Mitgefühl betrachten.

Identifikation ist eine Falle

Eine der zentralen Erkenntnis der transpersonalen Psychologie ist, dass Identifikation eine Falle ist. Man wird von allem beherrscht, womit man sich identifiziert. Natürlich, wenn man fest von etwas überzeugt ist, erzeugt es eine Pseudo-Identität, es gibt Halt und Orientierung. Mit der kollektiven Angst, die in der Covid-Periode exponentiell gesteigert wurde und anhält, regredieren viele Gesellschaften in überholte Ideologien. Der Utilitarismus, auf reine Nützlichkeit reduzierte, pure Materialismus hat auch in den Unternehmen wieder Einzug gehalten. Programme zur Persönlichkeitsentfaltung, Stärkenorientierung, Schulungen der Achtsamkeit oder Sozialkompetenz wurden in den letzten Jahren massiv zurückgefahren. Programme zur Effizienzsteigerung und Profitmaximierung dominieren wieder. In Maslows Bedürfnispyramide wird diese Regression in die unteren Stufen gut abgebildet.

Die Vorteile des Schwellenbewusstseins

Dabei wird vergessen, dass wir ein Innen und ein Aussenleben haben und beide sich bedingen. Wer kein Bewusstsein über seine innere Software hat, handelt aus den unbewussten Algorithmen seiner Prägungen. Umgekehrt entsteht aus einem entwickelten Innenleben eine relative Unabhängigkeit von äusseren Prozessen. Man wird nicht mehr so leicht durch Mitmenschen oder Ereignisse getriggert, rastet weniger aus, hat weniger inneren negativen Dialog und verbringt weniger Zeit damit sich oder andere runterzumachen. Auf der Schwelle sitzt der innere Beobachter. Er ist frei von Fixierungen und einschränkenden Beliefs. Er hat immer Zeit, weil er dem Verstand nicht mehr erlaubt, einen unter Druck zu setzen. Die Freiheit des Schwellenbewusstseins ist der Raum zwischen Impuls und Handlung, zwischen Gedanken und daraus resultierenden Gefühl und die Freiheit nicht vereinahmt, nicht zum Spielball äuserer Ereignisse zu werden.

Link zum Artikel über Buddhas Landkarte der Innenwelt: https://transpersonal.ch/ohne-entwickelte-innere-dimension-lebt-man-im-flachland-buddhas-landkarte-der-innenwelt/

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