Wenn man sich bewusst macht, dass unser Gehirn eine eingebaute biologische Präferenz hat, sich eher auf etwas Negatives bzw. Gefahrvolles zu konzentrieren, als auf etwas Positives, nehmen zwar deswegen negative Gedanken noch lange nicht ab, aber es kann helfen, einen psychologischen Abstand zu den eigenen Gedanken herzustellen. Wenn man tiefer in die eigene „Software“ schaut, realisiert man, dass wir nicht das Geplapper sind, das der Verstand oft produziert, wenn Dinge schief laufen. Wenn man genauer hinschaut, stellt man ausserdem fest, dass der Verstand ein Perfektionist ist; man kann es ihm nie recht machen. Häufig genug beurteilt er vor allem andere, gemäss seinen idealisierten Maßstäben und wertet sie oder sich selbst ab. Wenn wir uns bewusst wären, was negative Gedanken ins uns und in anderen hervorrufen, würden wir mehr Abstand nehmen vom Denken bzw. die Richtung unseres Denkens ändern. Lassen sie uns für einen Moment von der Annahme ausgehen, dass jeder Mensch bewusst oder unbewusst realisiert, wenn wir über ihn sprechen oder nachdenken. Was würde das ändern in Bezug auf Ihre Gedanken? Je mehr man sich von seinen Gedanken distanziert, umso mehr erkennt man das es tatsächlich so ist.
Man beginnt zu spüren, wann jemand über uns spricht oder nachdenkt. Später spürt man auch, ob es negativ oder positiv ist. Manchmal kann man es verifizieren. Man ruft die Person an und erhält die Information: „Ich habe gerade an Dich gedacht oder wir haben gerade von Dir gesprochen.“ Man kennt das von Freunden oder nahe Verwandte, aber grundsätzlich gilt dies für alle Menschen. Wir unterschätzen regelmässig die Kraft und die Auswirkungen unserer Gedanken. Gedanken erzeugen Wahrscheinlichkeitsebenen, die dann real werden, wenn wir diese Gedanken häufig denken und mit Emotionen anreichern. Den grössten Schaden allerdings, den wir anrichten, wenn wir uns in negativen Gedanken verlieren, fügen wir uns selber zu. Denn jedem Gedanken entspricht eine energetische Signatur, die sich subtil in unserem Körpersystem widerspiegelt und sich dort verankert, wenn Der Körper hat nicht nur ein Gedächtnis, wie der Frankfurter Neurologe Joachim Bauer nachgewiesen hat (Buchtipp: Das Gedächtnis des Körpers), er reagiert auch unmittelbar auf die Farbe unserer Gedanken. Da wir von der Evolution her eher auf Gefahrvermeidung programmiert sind, heizen negative Gedanken auch noch gleich das Emotionssystem an. Als Folge haben wir nun zusätzlich mit negativen Stimmungen zu kämpfen, und der Körper wird als Folge der Emotionen mit Stresshormonen überflutet. Natürlich gilt das auch im positiven Sinne, aber darüber brauchen wir uns keine Gedanken zu machen und das tun wir normalerweise auch nicht.Um diesen, weitgehend automatisch ablaufenden, Mechanismus zu durchbrechen, gibt es eine einfache Strategie, wie ich sie auch im oben angefügten Youtube-Film beschreibe. Emotionen, wie Wut, Ärger oder Resignation dazu kommen.
Statt sich in den Gedanken zu verlieren, kann man eine Forschungsreise ins eigene Körpergefühl antreten. Psychologisch nennt man diesen Prozess „Introspection“, was soviel bedeutet wie nach Innen zu schauen. Analog dazu könnte man von „Intro-Sension“ sprechen. Kann ich meine Wahrnehmung so verfeinern, dass ich die tatsächliche Qualität der Empfindung, die wir Wut, Ärger oder Resignation nennen, wahrnehmen, wenn ich in sie eintauche? Und was passiert, wenn ich mit Achtsamkeit in diesem Körpergefühl bleibe, auch wenn es sich nicht besondern gut anfühlt, statt dem automatischen Vermeidungsmechanismus nachzugeben und in den Kopf zu wandern? Oftmals ist das anschliessende darüber „Nachgrübeln“ nichts anderes, als die Standard-Strategie um der direkten, unmittelbaren Erfahrung des „Schmerzes“ und der darunter liegenden Verletzlichkeit auszuweichen. Sobald man in diese Verletzlichkeit „ sensorisch eintaucht, kann man die Erfahrung machen, dass sie der Ursprung jeder Emotion und jeden Gefühls ist. Fühlen bedeutet verletzlich zu sein. Wenn wir verletzlich sind, kommen wir wieder in Kontakt mit dem Fluss des Lebens und entgehen der Erstarrung. Wir alle haben gelernt und glauben es zumeist immer noch, dass Verletzlichkeit gleichbedeutend ist mit Schwäche, und dass Gefühle zeigen, ebenfalls ein Zeichen von Schwäche ist. Statt in die Verletzlichkeit einzutauchen, gehen wir lieber in den Kopf, weil wir das damit verbundene Gefühl von Ohnmacht oder Hilflosigkeit nicht spüren wollen. Doch der Preis dafür ist hoch. Wie viele verbitterte Ehen und Scheidungen gibt es heute, weil jeder von seinen tieferen Gefühlen abgeschnitten ist und sich in der Oberflächstenstruktur von Wut oder Resignation verliert. Wer sich von seinen tieferen Gefühlen der Verletzlichkeit abschneidet, trennt sich auch von dem, was dem Leben erst Sinn und Bedeutung gibt. Verletzlichkeit ist letztlich der Ursprung von Liebe, Zuneigung, Freude, Empathie, und Ehrlichkeit. Sie ist der Schlüssel, um eine erstarrte Beziehung wieder lebendig werden zu lassen.
Herzlichen Gruss
Ralph Wilms