Der Transpersonale Coach

Emergence of Artificial IntelligenceDer transpersonale Coach ist keiner bestimmten spirituellen Tradition verpflichtet. Er wird nicht seine eigene Praxis dem Klienten „überstülpen“, auch wenn er vielleicht eine bestimmte Präferenz in Bezug auf Meditationstechniken oder therapeutische Methoden hat. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man z.B. über eine jahrelange Praxis in buddhistischen Atemtechniken, Meditationen aus der hinduistischen Yogatradition oder eine Zenpraxis verfügt. Die Wege in den transpersonalen Bereich mögen verschieden sein, aber schlussendlich ist das Ziel immer ein Ankommen im Hier und Jetzt, in der Präsenz des reinen Seins. Da ist nichts Persönliches mehr, das sich einem anderen auferlegen will, da die non-duale Erfahrung der Präsenz alle Konzepte und Beliefs transzendiert. Wilber nennt diesen Zustand „flüssiges Bewusstsein“. Flüssiges Bewusstsein heisst, dass man seine eigenen Beliefs nicht mehr glauben muss, dass es keine Fixierung mehr in Bezug auf irgendeine Überzeugung gibt. Ebenso wie ich jeden Gedanken als relativ wahr einstufen kann, kann ich auch Methoden als relativ angemessen einschätzen. Maslow wird der Ausspruch zugeschrieben: „ Wenn Dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, fangen verdammt viele Sachen anzuschauen wie Nägel.“ Das bringt es genau auf den Punkt. Viele Berater oder Coachs benutzen den Hammer, der ihnen persönlich geholfen hat oder in den sie in ihrer Ausbildung viel Zeit und Geld investiert haben. Wenn der nichts nutzt, liegt das nicht an der Methode, sondern am Klienten. Will man als Coach diese Einbahnstrasse verlassen, steht der nächste Schritt an, der Schritt ins Feld des Nicht-Wissens.

Der transpersonale Coach wird nicht durch die limitierenden Definitionen eines „Coachs“ oder einer „Person“ eingeengt. Der Schwerpunkt seines Handelns liegt in einer vollständigen Offenheit für die Wahrheit des Augenblicks, durch Verankerung in der Präsenz. Als Resultat entsteht eine natürliche Einfachheit, Authentizität und Klarheit, bzw. eines grundsätzlichen Annehmens  Von-Dem-Was-Ist und auf natürliche Weise im Coach bzw. im Gegenüber entsteht. Da sich der transpersonale Coach nicht als Person, als jemand Definiertes, versteht, wird auch der Klient nicht als ein vom Coach getrenntes Objekt wahrgenommen. Das Coaching bzw., Gespräch erfolgt dadurch von Innen heraus, wobei der Coach sich einerseits bewusst ist, dass er nicht der Klient ist und dennoch gleichzeitig ihn als nicht getrennt von sich wahrnimmt. Er spiegelt ihn, wissend, dass dies ein „Spiegeln“ ist, bei dem die Grenzen zwischen ihm und dem anderen fliessend sind. Dadurch fühlt sich der Klient von Innen her angesprochen und Einsichten bzw. Öffnung erfolgen mühelos, ohne ein aufgesetztes Wollen. (Auch wenn ich hier ein erweitertes Konzept des Coachings erkläre, lassen sich die diese Prinzipien grundsätzlich auf jede Lebenssituation und Begegnung anwenden.)

Durch ein Eintauchen in die eigene wahre Natur, d.h. in das Nicht-Wissen und Nicht-Antizipieren, entsteht tiefere Einsicht, die nicht mehr das Ergebnis von Erfahrung oder auswendig gelerntem Wissen ist, sondern als Folge der Überwindung der Subjekt-Objekt Spaltung spontan entstehen kann. In der Auflösung dieser Subjekt-Objekt Beziehung zur Realität entsteht ein erweitertes Wahrnehmungsfeld, welches Intimität mit jedem Gegenstand der Betrachtung herstellen kann. Was immer ich wahrnehme, nehme ich von Innen her wahr. Gedanken, Kommunikation und Handlungen erfolgen nun spontan aus der energetischen Präsenz, aus dem  gemeinsamen Bewusstseinsfeld, heraus.

Die Präsenz des Coachs erzeugt ein tieferes Gewahrwerden des Selbst des Kienten, welches den eigentlichen Heilungsprozess initiiert. C.G. Jung beschrieb Heilung als einen alchimistischen Prozess, der nur dann stattfinden kann, wenn sich Menschen essentiell begegnen. Wenn die Präsenz des Coachs stark genug ist, kann sie wie eine Initiation wirken, die dem Klienten einen ersten Geschmack eines – das „kleine Ich“ transzendierenden – Einheitsgefühls vermittelt. Wichtigste Voraussetzung für den Coach ist, dass er offen genug ist über das Gelernte bzw. den eigenen Verstand hinauszugehen und sich auf die Weisheit, die aus dem Nicht-Wissen – aus der Präsenz entsteht – einzulassen.

Der Vorteil eines transpersonalen Coachs gegenüber einer spirituellen Gruppierung ist, dass der Kient hier eine Eins-zu Eins Begegnung mit einem Lehrer hat. Der Coach kann individuell auf den Klienten eingehen, während dieser ansonsten Teil eines Gruppenprozesses wäre oder einer Organisation beitreten muss, um spezifische Techniken zu lernen. Solche Gruppen sind immer auch geprägt von Regeln, Rollen und Ritualen, bzw. von gruppendynamischen Prozessen, die ein Klient vielleicht eher vermeiden möchte.

Die meisten ausgebildeten Coachs haben spezifische Methoden gelernt, wie aktives Zuhören, gewaltfreie Kommunikation, Körperarbeit, NLP, analytische Techniken, strukturiertes Vorgehen,  Entspannungstechniken, Methoden um Traumata oder Belastungen aufzulösen, bilaterale Stimulation,  Energiearbeit, usw. Zentrale Frage ist aber nicht , welche Technik der Coach benutzt, sondern ob er oder sie offen genug sind, sich auf das zu fokussieren, was in jedem Augenblick wirklich stimmig ist und nicht auf das , was er oder sie als Coach besonders gut kann. Habe ich als Coach eine fixe Agenda oder ein Protokoll, das ich durchziehen muss, oder kann ich „völlig offen und unkonditioniert“ in eine Sitzung hineingehen? Der erste Schritt dazu ist die Bereitschaft still zu werden, in die Leere einzutauchen. Dadurch gelangt man in einen konzeptfreien Raum, in dem Kommunikation und Handeln spontan entstehen können.

Meine früheste Erfahrung mit einem transpersonalen Coach hatte ich vor mehr als 25 Jahren. Richard, mein damaliger Sufi- und Yogalehrer, der mich mehrere Jahre coachte, hatte ein Art des Coachings, die ich als einzigartig empfand. Seine Antworten auf meine Fragen oder Empfehlungen hatten etwas Besonderes. Sie brachten Aspekte zum Vorschein, die mir wie verborgen geblieben waren. Vor allem halfen sie mir, auch in schwierigen Situationen, die richtigen Lösungen selber zu finden. Ein englischer Begriff dafür heisst „Nudging“. Nudging bedeutet jemandem einen kleinen Anstoss zu geben, der ihm hilft einen entscheidenden Schritt zu machen. Das Besondere an Richard war, dass wenn man ihn etwas fragte, schloss er zunächst die Augen und es dauerte ein paar Momente, bis eine weiterführende Frage oder eine Antwort kam. Nach mehr als zwei Jahren Coaching fragte ich ihn in einer Sitzung, was er da eigentlich tat, wenn er die Augen schloss.

Seine Erklärung, bzw. Antwort war wie folgt. Man kann drei Arten von Kommunikation unterscheiden: Assoziativ, Selektiv und Transpersonal. Die beiden ersten Formen von Kommunikation entsprechen dem, was wir bereits wissen. Assoziativ ist das, was wie aus der Pistole geschossen kommt, wenn man jemand etwas fragt. Wenn ich Werkzeug sage, sagen die meisten Hammer, sage ich Blume, kommt der Begriff Rose, usw. Assoziatives Denken und Sprechen kann man in jeder x-beliebigen Kommunikation zwischen Menschen beobachten. Selektive Kommunikation ist meistens schon differenzierter. Man geht in seine Erfahrung, seinen Speicher hinein und gibt eine „schlaue Antwort“. Diese beiden Standardformen der Kommunikation machen ca. 99.9% menschlicher Gespräche aus.

Transpersonale oder Non-duale Kommunikation dagegen entsteht aus einer völlig anderen Vorgehensweise. Man folgt weder dem ersten Impuls noch orientiert man sich am eigenen Datenspeicher. Durch das Eintauchen in die Stille schafft man die energetische Voraussetzung, um sich mit dem Feldbewusstsein zu verbinden. Dann erfolgt der „Download-Prozess“ aus dem Feld, das mich mit dem Klienten oder einer Situation auf eine intime Weise verbindet. Was immer man dann ausspricht, trägt die Signatur des Feldes und der Verbundenheit. Als Richard mir damals dieses Vorgehen erklärte, fand ich es zwar hoch interessant, aber es sollte weitere 15 Jahre dauern, bis mir diese Form der Kommunikation bei einem anderen Lehrer wieder begegnete und ich begann sie in meiner eigenen Praxis anzuwenden.

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