In der Tiefe unseres Wesens verbirgt sich ein Geheimnis, das uns Menschen seit Ewigkeiten bewegt. Die Odyssee beschreibt die rätselhafte Suche nach diesem Geheimnis. Homer hat vor mehr als 2800 Jahren den Archetyp des Odysseus geschaffen, der auf der Suche nach der Tiefe seines Wesens viele Irrwege gehen musste, bevor er da ankam, wo er aufgebrochen war: zu Hause. Bei dieser Reise, die aus einem inneren Ruf (Berufung) heraus erfolgt, begegnet der Held vielen Gefahren, Prüfungen, Göttern, Gegnern, Helfern und überschreitet zahlreiche Grenzen. Der amerikanische Anthropologe Joseph Campbell beschrieb diese archetypische Reise des Odysseus als eine mythische Heldenreise, die wir alle potentiell in uns haben. Fast alle Hollywood Filme sind nach diesem Schema der Heldenreise aufgebaut, von Pretty Woman über Star-Wars bis zur Matrix. Ausgangspunkt ist immer die langweilige Alltagsrealität, ein Zustand der Stagnation, oft begleitet von einem manchmal jahrelangen Warten auf den Aufbruch in eine neue Wirklichkeit.
Ohne Intuition, ohne die innere Stimme, findet diese Reise nicht statt. Die meisten bleiben in der durchnormierten, eindimensionalen Oberflächenstruktur des Lebens stecken. Sie haben sich zu früh und zu komplett an die familiären und gesellschaftlichen Normen des Massenbewusstseins anpassen müssen. Wirkliche Individualität, das authentische Selbst und damit auch die Intuition haben sich nicht entfalten können. Der Anpassungs- und Erwartungsdruck war zu hoch oder die Traumatisierung zu stark. Die damit einhergehende Angst aus dem Rahmen zu fallen, verhindert manchmal ein Leben lang tatsächliche Selbstbestimmung, oft bis zu dem Zeitpunkt, an dem dieses genormte Leben auseinanderfällt und das falsche Selbst kollabiert. Bei vielen Menschen gleicht es einem Aufwachen aus der Trance. Man steht nackt auf der Bühne des Lebens, hat keine Erfolgsstory zu berichten, aber atmet nun die eigene Luft, spürt vielleicht seit langem wieder die eigene Seele. Wirkliche Transformation findet nur hier statt, auf der Ebene des Seins.
Wer sich traut tiefer zu gehen, die authentische Mitte sucht, sich über Meditation mit der Stille anfreundet und die innere Software genauer unter die Lupe nimmt, findet alte unverheilte Wunden, negative Selbstbilder, innere Kritiker, Saboteure und vor allem Chaos. Die wirksamste Intervention in dieser Phase besteht darin, Abstand zu den Gedanken herzustellen und sich tief in den Körper hinein zu entspannen. Am besten funktioniert das, wenn man das Wollen vollständig aufgibt, auch das Wollen sich zu entspannen. Entspannung ist nämlich ebenso wie Meditation und Intuition ein Spontanphänomen. Es stellt sich ein, wenn man einfach nur beobachtet und wirklich gar nichts tut. Viele verzetteln sich an dieser Stelle in Selbstoptimierungsstrategien. Achtung! Das authentische Selbst ist nicht etwas, das Du entwickelst, sondern etwas was Du bereits bist! Was man in der Essenz ist, kann sich nur spontan manifestieren.
Vielen brechen an dieser Stelle ab, machen entweder einen großen Bogen um die eigenen Neurosen, die sich da im Laufe einer Biographie angesammelt haben oder finden es zu langweilig einfach nur still zu sitzen und nichts zu tun. Wer diese Anfangswiderstände mit Geduld überwindet, wer es schafft sich immer mehr auf der Meta-Ebene des inneren Beobachters zu verankern, der gewinnt Abstand zu den eigenen Mustern, Überzeugungen und Programmen und vor allem Humor in Bezug auf sich selbst. Er wird vielfach belohnt. Der Motor der Intuition springt wieder an. Die feine, leise, Stimme des authentischen Selbst wird nun wieder hörbar.
Die wirkliche Heldenreise kann nun beginnen. Man folgt dem inneren Ruf, erst zögerlich mit vielen Zweifeln und dann immer mehr. Der innere Kompass wird immer wieder neu geeicht. Manchmal verliert man sich erneut in konventionellen Sackgassen, vertraut den falschen Menschen, fällt die falschen Entscheidungen. Aber all diese Irrwege gehören zur Heldenreise. Man fällt hin, versorgt seine Wunden, wischt sich die Tränen weg und steht wieder auf. Der innere Kompass wird im Laufe der Zeit immer klarer. Nach und nach lichtet sich der Nebel und der Weg auf dem man geht, fühlt sich richtig gut an. Es ist der eigene, intuitive Weg, der nach Hause führt. Mit der Zeit lernt man, dass diese intuitive Intelligenz über ein hoch effizientes Unterstützungssystem verfügt, das darauf ausgerichtet ist, Anstrengungen zu verringern und die Leichtigkeit des Seins zu erhöhen. Es steht uns für alle Lebensbereiche zur Verfügung. Je mehr wir diese intuitive Intelligenz einsetzen, umso mehr Sinnhaftigkeit, Erfüllung und Gelassenheit finden wir. Die Treibjagd ist zu Ende. Man ist angekommen, wie Odysseus, im Haus der eigenen Seele.