Quellen der Weisheit

Es fällt nicht leicht die Übersicht zu behalten…

Es fällt mir oft selber nicht leicht die Übersicht zu behalten über die vielen Praktiken und Traditionen, die ich die letzten 35 Jahre erforscht und mir zugänglich gemacht habe. Sehr früh wurde mir in jungen Jahren klar, das ein rein kognitiver Ansatz wenig – wenn überhaupt – Wirkung zeigen würde. Alles was nur im Kopf abläuft oder dort verarbeitet wird, führt bestenfalls zu dem Wunsch tiefer in die eigene Psyche einzutauchen, das war`s aber auch schon. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch; ich liebe gute Theorien und Gedankengebäude, aber sie machen einen ebenso wenig satt, wie das Studieren einer Speisekarte. Wenn man also dann endlich mal essen möchte, wendet man sich von dem rein kognitiven Studium der menschlichen Psyche ab und wirft sich in die spirituellen Praktiken des Ostens. Ja, ich weiss, hier lauern die Sekten und die Gurus und die grossenVerführer, auf die wir gerne verzichten.

Sufismus

Allerdings verläuft das Lernen hier – wenn man denn die richtigen Lehrer findet – vor allem mit einem selber ab. Man lernt uralte Praktiken, über Jahrtausende erprobte Methoden oder vormals geheime Techniken, die noch vor einigen Jahrzehnten nur an ausgewählte Schüler weitergegeben wurden. Der Prozess selbst läuft über die Jahrzehnte viel geheimnisvoller ab, als man glaubt. Ich stolperte über gewisse Traditionen, fühlte mich z.B. zum Sufismus hingezogen, zu den Derwischen, die sich über den Tanz oder Gesänge in Ekstase bringen. Ich entdeckte, dass der Sufismus seine Wurzeln auch in der griechischen Mystik eines Parmenides und Empedokles haben, den Gründern der westlichen Wissenschaften. Viele Jahrhunderte vor der aktuellen, neurologischen Forschung betonten sie bereits wie zentral ein Bewusstsein über die „Aufmerksamkeit“ ist. Nur ein Bewusstsein über die Aufmerksamkeit, die ihren Sitz im präfrontalen Kortex hat, der in fast allen Meditationstechniken eine wichtige Rolle spielt, schafft man es Meta-Kompetenz herzustellen und Herr über die eigenen Gedanken zu werden.

Das Gedächtnis des Körpers

Heute wissen wir, Dank der wissenschaftlichen Forschung, dass der Körper ein Gedächtnis hat (Joachim Bauer – „Das Gedächtnis des Körpers), aber die Neurologie sagt uns leider nicht, wie wir das Gedächtnis des Körper von den Altlasten unserer Vergangenheit befreien können. Dafür müssen wir dann entweder in die körperzentrierte Psychotherapie, die prä-buddhistische Böntradition oder ins ChiGong der Shaolin Mönche gehen. Sie merken vielleicht schon worauf ich hinaus will. Ein ideologiefreier Raum, in dem wir die besten Techniken einer jeden Tradition nehmen – sei sie jetzt westlich-wissenschaftlich, fernöstlich oder schamanistisch – ihre Wirksamkeit miteinander vergleichen und sie in Bezug auf ihre alltagstaugliche Anwendung überprüfen. Ein Faktor beispielsweise für die Überprüfung der Wirksamkeit ist für mich, ob die Methode auch dann funktioniert, wenn man nicht an sie glaubt. Mit jeder Technik, die man dem eigenen Repertoire hinzufügt, wird das grössere Bild deutlicher. Da ist zum einen die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit, die Auflösung dysfunktionaler Muster oder des „Schmerzkörpers“ – hier findet man brauchbare Techniken in der körperzentrierten Psychotherapie oder der tibetisch-präbuddhistischen Böntradition – und zum anderen die Exploration erweiterter Bewusstseinszustände, wie sie im Advaita Vedanta oder im Zen-Buddhismus gut beschrieben sind.

Der Direkt-Erfahrungsmodus

Norman Farb, ein Neurologe der University of Toronto, hat uns einen neuen Namen beschert für diesen erweiterten Bewusstseinsraum: der Direkt-Erfahrungsmodus. Das Gegenstück dazu ist der narrativer Modus, in dem wir dem ständigen Geplapper unseres Verstandes ausgesetzt sind. Interessanter Weise ist dieser Direkt-Erfahrungsmodus nicht nur ein sehr viel angenehmerer Aufenthaltsort, als der sorgenvolle und meist ichbezogene narrative Modus, er gibt uns auch einen besseren Zugang zur Kreativität und zur Lösung komplexer Fragestellungen. Die fernöstlichen Traditionen, vor allem aber die mystischen Wurzeln unserer eigenen Kultur, die griechische Mystik, bieten höchst effiziente Wege zu diesem Direkterfahrungs-Modus.  Der Direkt-Erfahrungsmodus ist eine völlig andere Art die Welt zu erleben und – wen erstaunt es – ist mit einem Teil des Gehirns verbunden, den man Inselrinde (Insulae) nennt, der wiederum auch für die Wahrnehmung körperliche Empfindungen zuständig ist, sowie für das Aufspüren von Irrtümern und den Aufmerksamkeitsfokus. Mit dem Direkt Erfahrungs Netzwerk– denken Sie kaum noch über irgendetwas nach! Stattdessen richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf alle einströmenden Sinneseindrücke. Nun macht es auf einmal Sinn, wenn man im Zen-Buddhismus den Satz liest: “ Höre auf zu denken und höre auf zu sprechen, und es gibt nichts mehr, das Du nicht verstehen wirst.“

Die ungefilterte Direktwahrnehmung der Wirklichkeit ist auch genau das, was Dr. Peter Kingsley in seinem Werk über die mystischen Ursprünge der westlichen Zivilisation, als Quelle des Bewusstseins beschreibt. Nachdem ich nun Jahrzehnte mit diversen Techniken aus den unterschiedlichsten Kulturen gearbeitet habe, bin ich heute an einem Punkt, an dem einerseits die Meta-Struktur, der übergeordnete Plan unserer Bewusstseins-Reise, sichtbar wird. Aber noch viel wichtiger sind für mich die wirksamsten Methoden und deren praktische Anwendbarkeit im Alltag, die uns helfen können, tiefere Lebensfreude, mehr Klarheit und erweitertes Mitgefühl zu entwickeln.

Meta-Spiritualität – Jenseits aller Dogmen

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